Umsatzsteuerliche Billigkeitsmaßnahmen entlasten Unternehmer nach Flutkatastrophe

Das Umsatzsteuerrecht ist in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union weitgehend harmonisiert. Grundsätzlich kennt das EU-Recht keine Möglichkeit, die es einem Mitgliedstaat zur Bewältigung von Naturkatastrophen, wenn auch nur zeitlich und sachlich begrenzt, gestatten würde, von den verbindlichen Richtlinienvorschriften abzuweichen. Die deutsche Finanzverwaltung hat dennoch sachliche Billigkeitsmaßnahmen zugunsten betroffener Unternehmer geregelt. Das ist natürlich sehr zu begrüßen.

Überlassung von Wohnraum

a) Unternehmen der öffentlichen Hand

Für Nutzungsänderungen von Unternehmen der öffentlichen Hand im Zusammenhang mit der Bewältigung der Flutkatastrophe vom Juli 2021 wird gem. § 163 der Abgabenordnung (AO) aus sachlichen Billigkeitsgründen bis zum 31. Dezember 2021 von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) und einer Korrektur der Vorsteuer nach § 15a UStG abgesehen, wenn und soweit der Sachverhalt in einer Nutzung zur Bewältigung der Flutkatastrophe begründet ist.

Diese Billigkeitsregelung ist auch auf Vorsteuern aus laufenden Kosten anzuwenden.

Tipp: Die Billigkeitsregelung ist auf in privater Rechtsform betriebene Unternehmen der öffentlichen Hand entsprechend anzuwenden, sofern die Nutzungsüberlassung unentgeltlich erfolgt.

b) Private Unternehmen

Von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe und einer Korrektur der Vorsteuer nach § 15a UStG wird im Billigkeitswege ebenfalls befristet bis zum 31. Dezember 2021 abgesehen, wenn private Unternehmen Unterkünfte, die für eine umsatzsteuerpflichtige Verwendung vorgesehen waren (Hotelzimmer, Ferienwohnungen o.ä.), unentgeltlich Personen zur Verfügung stellen, die infolge der Flutkatastrophe vom Juli 2021 obdachlos geworden sind oder als Helfer in den Krisengebieten tätig sind.

Beabsichtigen diese Unternehmer bereits bei dem Bezug von Nebenleistungen (Strom, Wasser o.ä.) eine unentgeltliche Beherbergung von Flutopfern oder Helfern, wird ausnahmsweise unter den oben genannten Bedingungen und den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG ebenfalls befristet bis 31. Dezember 2021 zusätzlich im Billigkeitswege ein entsprechender Vorsteuerabzug für Vorsteuern aus laufenden Kosten gewährt.

Tipp: Die folgende unentgeltliche Wertabgabe wird nach dem vorangegangenen Absatz im Billigkeitswege nicht besteuert.

Unentgeltliche Verwendung von Investitionsgütern

Eine weitere Billigkeitsmaßnahme betrifft die unentgeltliche Verwendung von dem Unternehmen zugeordneten Gegenständen (Investitionsgütern) zur Suche und Rettung von Flutopfern sowie zur Beseitigung der Flutschäden.

Bei der unentgeltlichen Verwendung von Investitionsgütern, die zuvor zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben – z.B. bei der unentgeltlichen Überlassung von Baufahrzeugen –, zur Bewältigung der unwetterbedingten Schäden und Folgen der Flutkatastrophe vom Juli 2021, die außerhalb des Unternehmens liegen, wird im Billigkeitswege befristet bis zum 31. Oktober 2021 auf die Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe verzichtet.

Tipp: Das gilt auch bei der unentgeltlichen Verwendung von Investitionsgütern für den privaten Bedarf des durch die Unwetter betroffenen Personals.

Unentgeltliche Erbringung einer sonstigen Leistung

Bei der unentgeltlichen Erbringung einer sonstigen Leistung durch den Unternehmer (z.B. Personalgestellung, Aufräumarbeiten mit eigenem Gerät und Personal) für Zwecke, die unmittelbar der Bewältigung der unwetterbedingten Schäden und Folgen der Flutkatastrophe vom Juli 2021 dienen, die außerhalb des Unternehmens liegen, wird im Billigkeitswege befristet bis zum 31. Oktober 2021 auf die Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe verzichtet.

Tipp: Das gilt auch bei der unentgeltlichen Erbringung einer sonstigen Leistung für den privaten Bedarf des durch die Unwetter betroffenen Personals.

Herabsetzung der Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung 2021

Bei Unternehmen, die von der Flutkatastrophe betroffen sind, kann auf entsprechenden Antrag die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung 2021 ggf. bis auf Null herabgesetzt werden, ohne dass die gewährte Dauerfristverlängerung durch die Erstattung bzw. Festsetzung auf Null berührt wird.

Sonderregelung für Sachspenden

Bei unentgeltlichen Zuwendungen aus einem Unternehmen nach § 3 Abs. 1b UStG, die          im Zeitraum vom 15. Juli 2021 bis 31. Oktober 2021 erfolgen, wird aus Billigkeitsgründen auf eine Besteuerung verzichtet, wenn die folgenden Gegenstände gespendet werden:

  • Lebensmittel
  • Tierfutter
  • für den täglichen Bedarf notwendige Güter wie
    • Hygieneartikel
    • Reinigungsmittel
    • Kleidung
    • Geschirr
  • medizinische Produkte
  • zur unmittelbaren Bewältigung des Unwetterereignisses sachdienliche Wirtschaftsgüter wie
    • Pumpen
    • Werkzeug
    • Maschinen

Voraussetzung ist, dass die Gegenstände den unmittelbar von der Flutkatastrophe betroffenen Menschen zugutekommen.

Tipp: Beabsichtigen Unternehmer bereits bei dem Bezug oder der Herstellung der gespendeten Waren eine entsprechende unentgeltliche Weitergabe, wird unter den gleichen Bedingungen und den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG ein entsprechender Vorsteuerabzug im Billigkeitswege gewährt.